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Geschichte Journalismus

Für die Atombombe wären Schweizer Offiziere über Leichen gegangen

Seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine geht in Europa die Angst um, dass Wladimir Putin eine Atombombe einsetzen könnte. Dabei hält sich noch heute hartnäckig die Ansicht, der Besitz von Atomwaffen würde auf feindliche Staaten abschreckend wirken und somit den Frieden stabilisieren.

Genau so argumentierte während des Kalten Krieges auch die Schweiz. Der Bundesrat sprach sich im Juni 1958 offen für eine atomare Bewaffnung der Schweizer Armee aus:

«Der Bundesrat ist der Ansicht, dass der Armee zur Bewahrung unserer Unabhängigkeit und zum Schutze unserer Neutralität die wirksamsten Waffen gegeben werden müssen. Dazu gehören die Atomwaffen.»

offizielle Erklärung des Bundesrates, 1958

Interessiert? Lesen Sie den ganzen Artikel über das Schweizer Atombombenprogramm bei der Aargauer Zeitung und den anderen CH Media Zeitungen.

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Gerichtsfälle Journalismus

Bodybuilder verkaufte Anabolika – ein USB-Stick überführte ihn

Dass Walter (Name geändert) früher wettkampfmässig Bodybuilding betrieb, ist ihm noch immer anzusehen – am bulligen Körperbau. Zwar konsumiert er nach eigener Aussage keine Anabolika mehr. Doch Walter ist weit davon entfernt, dieses Kapitel seiner Vergangenheit abzuschliessen.

Ein Staranwalt soll dem Anabolika-Händler aus der Klemme helfen

Wegen gewerbsmässigen Handels mit Anabolika, Appetitzüglern sowie Wachstums- und Erektionsförderern steht er vor dem Bezirksgericht Lenzburg. Walter erscheint in Begleitung seines Verteidigers Roger Lerf – ein Staranwalt, der als Pflichtverteidiger im Betrugsfall Dieter Behring nationale Bekanntheit erlangte.

Die Verhandlung beginnt mit einem Paukenschlag. Lerf stellt nicht nur die Qualität der staatsanwältlichen Untersuchung infrage, sondern verlangt auch, Staatsanwältin Yvonne Broder müsse in den Ausstand treten. Sie habe mit Walters früherem Anwalt unerlaubte Absprachen getroffen und ihm Prozessunterlagen zugesandt. Lerf erklärt, er habe eine entsprechende Beschwerde beim Obergericht deponiert.

Eisige Stimmung im Gerichtssaal. Staatsanwältin Broder stellt klar, dass alles mit rechten Dingen zu- und hergegangen sei. Walters Tätigkeit als Anabolika-Dealer wird wegen einer Gesetzesänderung in zwei separaten Verfahren untersucht. Im zweiten Verfahren wird Walter noch immer vom früheren Anwalt vertreten. «Deshalb habe ich ihm die Unterlagen zugestellt», so Broder.

Ist Walter wirklich geläutert von seinen Fehlern?

Erst nach dem juristischen Geplänkel beginnt die eigentliche Verhandlung. Erstmals geht es um Walter. Wie tickt der ehemalige Bodybuilder? «Ich bin ein guter Mensch», sagt er über sich selbst. Nie habe er jemandem Schaden zugefügt.

Walter wohnt bei seiner pflegebedürftigen Mutter im Kanton Bern. Seit über zehn Jahren ist er Geschäftsleiter in der Baubranche. Walter verdient rund 6500 Franken pro Monat – ganz genau kann oder will er es nicht sagen – und hat ein beträchtliches Vermögen von 500’000 Franken.

Walter arbeitet nur noch Teilzeit, seit er nebenbei ein kleines Fitnessstudio betreibt. Eine ideale Absatzstelle für die Anabolika? Nein, beteuert Walter, er habe sich extrem vom Bodybuilding distanziert:

«In meinem Studio verkaufe ich keine Anabolika oder Ähnliches. Das ist auch noch nie von mir verlangt worden.»

der Beschuldigte

Am Anabolika-Handel verdiente Walter 100’000 Franken

Ganz anders in der Vergangenheit. Von einem anderen Dealer (nennen wir ihn Christoph) hat Walter jahrelang Anabolika und weitere illegale Substanzen im Wert von rund 105’000 Franken erworben. Einen Zehntel brauchte er zum Eigenkonsum. Den Rest verkaufte Walter weiter, an Abnehmer etwa in Brunegg und Hunzenschwil. Dank der Gewinnmarge von 100 Prozent machte er einen Umsatz von rund 200’000 Franken.

Das sich all dies so zugetragen hat, beweisen Daten auf einem USB-Stick. Diesen hatte Christoph bei sich, als ihn die Polizei am Flughafen Zürich festnahm. Aussagen von verschiedenen Käufern und Walters eigenes Geständnis stützen die Beweislage.

Am Flughafen Zürich wurde Walters Komplize festgenommen. Mit im Gepäck: Ein USB-Stick, der Walter überführte.

Anwalt: «Walter wurde im Geheimen überwacht und abgehört»

Dieses Geständnis will Roger Lerf vor Gericht nicht akzeptieren. Sein Mandant sei das Opfer von sogenannten geheimen Zwangsmassnahmen geworden – Observationen sowie Telefon- und GPS-Überwachung.

In der Untersuchungshaft sei Walter nach stundenlanger Isolation kollabiert und anschliessend an Händen und Füssen angebunden im Spital aufgewacht. Der Verteidiger ereifert sich:

«Er fürchtete um sein Leben.»

Verteidiger Roger Lerf

Walter leide an Angststörungen und einem damit zusammenhängenden Herzleiden. Zwischenzeitlich wurde Walter in die psychiatrische Klinik Königsfelden verlegt. Dort sei ihm gesagt worden, die Untersuchungshaft würde ohne ein Geständnis unbestimmt lange fortdauern, ereifert sich Lerf: «Das ist grausam.» Walters Willensbildung sei beeinträchtigt gewesen und das Geständnis damit ungültig.

Einzelrichterin spricht Walter schuldig

Die zahlreichen Einwände von Roger Lerf finden bei Einzelrichterin Eva Lüscher kein Gehör. Sie spricht Walter schuldig und verhängt eine bedingte Geldstrafe von 200 Tagessätzen à 130 Franken und eine Busse von 6000 Franken. Zudem muss er 100’000 Franken und die Verfahrenskosten an den Staat zahlen. Damit folgt die Einzelrichterin im Wesentlichen den Anträgen der Staatsanwaltschaft.

Eine Niederlage für Walter und seinen Verteidiger. Sie wollen das Urteil an das Obergericht weiterziehen. Zufrieden ist dagegen Staatsanwältin Broder – für den Moment. Sie denkt wohl bereits an das zweite Verfahren gegen Walter, das noch hängig ist. Dort geht es um mehr: Bis zu fünf Jahre Gefängnis drohen dem Anabolika-Händler. Das letzte Wort ist also noch lange nicht gesprochen.

Dieser Bericht ist zuerst bei der Aargauer Zeitung erschienen.